Sonntag, 2. Februar 2014

Das Differenzieren des gleichen Prinzips

Menschen bewerten. Das ist nichts Neues. Es gibt auch Worte, die Wertung ausdrücken. Zum Beispiel profitabel beziehungsweise eigennützig oder leichtfüßig beziehungsweise trampelnd. Sachlich wäre beispielsweise gehend. So spielt auch der Tonfall eine entscheidende Rolle. Uns wird ermöglicht allein durch Betonung Ironie zu verdeutlichen obwohl unsere Wortwahl das Gegenteil spricht
Mir ist aufgefallen, dass Menschen selten sachlich sind, dass sie von sachlichem Tonfall häufig provoziert werden und dass ihnen zumeist nicht bewusst ist, welche grundlegende Wertung sie abgeben.
Nehmen wir das Beispiel Aufziehen von Fronten im Zeiten Weltkrieg. In einem Gespräch sagte mein Gegenüber, dass der Zweite Weltkrieg hätte kürzer sein können, wenn die Amerikaner die zweite Front früher eröffnet hätten. Doch sie haben es nicht getan. Sie warteten, bis deutlich zu erkennen war, wer gewinnen würde und dann erst griffen sie ein. Noch dazu legten sie ihren Eingriff nicht nur als Bekämpfung des Nationalsozialismus aus, sondern benannten ihn ebenfalls als Mauer und damit gleichgesetzten Schutz gegen die Bolschewisten und wurden somit als Helden angesehen.
Kurz gesagt: Sie handelten zu ihrem größtmöglichem Vorteil.
In einem anderen Gespräch mit besagtem Gegenüber redeten wir über Ausländer in Deutschland. Dabei vertrat die Person die Meinung, dass Deutschland striktere Einwanderungsgesetze erlassen sollte, weil Deutschland sonst zu seinem eigenen Nachteil handeln würde, da zum Beispiel ein Job dadurch nicht an einen Deutschen sondern an einen Ausländer gehen könnte und da die deutsche Kultur durch die Forderungen der Einwanderer leidet, gar ausstirbt.
Auf Europaebene und in Bezug auf die Wirtschaft ließ mein Gesprächspartner verlauten, dass Deutschland entweder aus der EU austreten sollte oder die EU keine wirtschaftlich schwachen Länder aufnehmen dürfe.
Kurz gesagt: Deutschland sollte intelligenter handeln und dabei seinen größtmöglichen Vorteil ziehen.
Um das klar zu stellen: Es handelt sich hierbei keineswegs um einen ausländerfeindlichen Nazi, der Immigranten geschändet sehen möchte. Er respektiert sie – nur sieht er sie nicht gerne in Deutschland. Hinzugefügt muss noch werden, dass meinem Gesprächspartner nicht einmal ansatzweise jedes Mittel recht ist, um seine Ansichten durch Taten sprechen zu lassen.
Es geht auch gar nicht um den Inhalt unserer Gespräche. Vielmehr geht es mir darum, dass mein Gegenüber bei ein und demselben Prinzip – nämlich das Handeln eines Landes zu seinem eigenen Vorteil – differenziert. Man könnte annehmen, dass das eine doch gar nicht mit dem anderen zu vergleichen sei. Sind ja schließlich zwei verschiedene Inhalte. Aber minimiert ausgedrückt, handelten die Amerikaner zu ihrem eigenen Vorteil ohne Berücksichtigung der Verluste, die andere somit hinnehmen mussten. Das wird als negativ gewertet. Deutschland hingegen sollte zu seinem eigenen Vorteil handeln, ohne dabei zu berücksichtigen, dass einigen Menschen dabei ein Leben des Wohlstandes erschwert oder vorenthalten wird. Das hingegen wird als empfehlenswert angesehen. Wo liegt also der Unterschied? Dass man beim Einen einen gewissen Abstand hat und beim Anderen persönlich betroffen ist? Dann sollte die Kritik wohl umformuliert werden. Aus 'Ein Land sollte nicht nur zu seinem eigenen Vorteil handeln, sondern Beteiligte berücksichtigen.' wird 'Ein Land darf dann zu seinem eigenen Vorteil handeln ohne Berücksichtigung anderer, wenn es seinen „wirklichen“ Landsmännern Profit einbringt.'. Schwierige Sache. Danach wären Zusammenschlüsse wie die EU vollkommen unnütz. Die Person hat ihre Aussagen auch nicht nach dieser Kritik gestaltet. Jedoch wirkt es so. Was steckt also dann dahinter? Geht es doch nicht um ein und dasselbe Prinzip? Habe ich ein wichtiges – vielleicht auch scheinbar nichtiges – Argument übersehen, das von einem anderen Prinzip zeugen würde?

Was ich schlussendlich zu sagen habe, ist, dass wir öfter bis auf den Grund unserer Wertungen und Aussagen gehen sollten, um zu erkennen ob wir nicht manchmal nur anscheinend einen Wert, eine Meinung vertreten, die tatsächlich aber fast schon gegensätzlich zu unseren Aussagen, Gedanken steht. 

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