Ich
hatte vor einiger Zeit ein sehr interessantes Gespräch. Wir redeten
über Gott und die Welt und dann noch ganz speziell über
zwischenmenschliche Beziehungen. Schlagwörter dazu wären Sympathie,
Eigenwillen, Rücksicht. Man kann sich nicht verhalten, wie es einem
gefällt, denn Sprunghaftigkeit, Unbeständigkeit, Egoismus machen
einen schnell unbeliebt. Man läuft Gefahr, von anderen nicht mehr
gemocht zu werden, sind wir aber auf unsere Mitmenschen angewiesen.
Und dann wurde die Frage der Fragen gestellt:
Aber
muss dich denn jeder mögen?
Jeder.
Uneingeschränkt. Ohne ausklammern, ohne einbeziehen, ohne Ausnahme.
Denn ist das nicht, was wir wollen? Akzeptiert werden,
Sympathiepunkte einheimsen, Bestätigung unserer Person erleben.
Aber
muss dich denn jeder mögen?
Das
hört sich nach Arbeit an. Gemocht werden ist schön – aber von
jedem? Wir stoßen an Grenzen. Unmöglich sagt unser Verstand.
Wunschdenken. Und doch versuchen wir es – bewusst oder unbewusst.
Wir wollen Recht behalten, uns eine reine Weste sichern, ehrliche
Zuneigung erhalten und uns selbstgerecht auf die Schulter klopfen
können.
Ich
habe es geschafft. Ich bin beliebt.,
lautet der Leitsatz. Jeder
ist der Wert, an dem wir uns orientieren können – könnten, an dem
wir unser Ziel festmachen.
Die
Psychologie behauptet, dass Selbstmotivation entscheidend ist, um zu
wirken, zu lernen, zu erreichen. Dabei sind wahrscheinliche,
absehbare Teilziele geeignet. Jeder soll mich mögen,
ist offenbar ungeeignet.
Also
lasst uns das Thema auseinandernehmen, Pro und Contra notieren.
Scheint sich bewährt zu haben.
Contra
Unrealistisch.
Undefinierbar.
Anpassung; sprich: Untergang der
tatsächlichen Persönlichkeit (plädiert jedoch jeder zweite
Kalenderspruch an die Wichtigkeit der natürlichen Eigenart)
Pro
Man tut's ja doch, jedem gefallen
wollen.
Die Ethik scheitert häufig an ihrer
durchdachten Philosophie, weil es scheinbar Triebe, Veranlagungen,
Natürlichkeiten, Instinkte gibt, die rationales Handeln unmöglich
machen.
Rudolf Burger beschreibt in „Die
Vergeblichkeit der Moral“ eine Fabel. Frosch und Skorpion befinden
sich an einem Flussufer. Der Frosch möchte an das andere Ufer,
vertraut dem Skorpion jedoch nicht aus Angst, gestochen zu werden.
Der Skorpion erklärt ihm, dass ein Stich für seine eigene Person
nur von Nachteil wäre, gegen jegliche Logik verstöße. Skorpion und
Frosch machen sich also auf den Weg. In der Mitte des Sees sticht der
Skorpion den Frosch und beide sterben. „(...) (S)chon versinkend,
wendet (der Frosch) den Kopf und fragt: „Logik, wo bleibt denn da
die Logik?“ „Logik“, entgegnet darauf der Skorpion, spuckt das
Wasser aus und schließt: „Logik!, das ist nun einmal mein
Charakter!““
Beruhigt können wir weiter das
Unmögliche angehen, versuchen, jedem zu gefallen.
Sind wir doch machtlos, gefesselt mit
Charakter und Natur. Die Frage bleibt jedoch:
Aber
muss mich denn jeder mögen?
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